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Menschen bei der Arbeit: Die Gemeinde in den Arbeitsort Integrieren

Willy Kotiuga 08 Jun 2010

Editor's Note

Dieser Vorabbericht zu Kapstadt 2010 wurde von Willy Kotiuga geschrieben und stellt eine Übersicht dar zum Thema „Deinen Arbeitsort auf den Glaubensweg vorbereiten“, welches bei der Multiplex-Session diskutiert wird. Stellungnahmen zu diesem Bericht durch die Lausanner globalen Gespräche werden an die Autoren und andere Personen weitergeleitet und sollen dabei helfen, die endgültige Präsentation beim Kongress festzulegen.

Zusammenfassung

Eine der größten „nicht-aktivierten“ Menschengruppen trifft man am Arbeitsplatz an, und dies in allen Ländern und Kontinenten. Der Arbeitsplatz ist der Ort, an dem die Mehrheit der Weltbevölkerung eine Tätigkeit ausübt, um ein Einkommen zur Unterstützung der Familie zu erwerben.  In allen Segmenten der Arbeitswelt finden sich Gläubige, die eine persönliche Beziehung zu Gott haben. Manche von ihnen sind sehr erfolgreich darin, andere an ihrem Arbeitsort einzuladen, sie auf ihrem „Weg“ zu begleiten, während andere den Arbeitsort als etwas sehen, an dem lediglich ihr Verhalten durch den Glauben bestimmt wird, aber nicht viel mehr. Die Felder sind reif für die Ernte und an den Arbeitsorten gibt es viele Arbeiter, doch nur ein kleiner Prozentsatz von ihnen ist wirklich damit beschäftigt, Hoffnung in eine Welt zu bringen, die nach Hoffnung Ausschau hält.

Obwohl bei der theologischen Aussage, Salz und Licht zu sein, kaum Widerspruch besteht, ist die Realität der gegenwärtigen Situation doch so, dass wir unserer Verantwortung nicht gerecht werden, Jesus nachdrücklich als den Erretter zu deklarieren. In diesem Bericht finden wir heraus, wo wir heute stehen, zeigen die vielen positiven Entwicklungen des Dienstes am Arbeitsplatz auf und schauen die Hindernisse an, die uns abhalten, dorthin zu gelangen, wo Gott uns haben möchte, damit eine nachhaltige Entwicklung entstehen kann und die Gläubigen am Arbeitsplatz richtig ausgerüstet werden, um den Auftrag Gottes zu erfüllen.

1. Der Kontext (Biblische Basis) 

Wir sind berufen, in die ganze Welt zu gehen – und das beinhaltet die Welt, in die Gott uns gesetzt hat. Wo immer sich auch unser Einflussbereich befindet, dort sollen wir Salz und Licht sein, und die Welt soll dies sehen. Diese Berufung macht keinen Unterschied zwischen professionell Dienenden in christlichen Gemeinden oder Organisationen und denen, die ganz normale Berufe ausüben. Selbst Jesus lebte sein Leben als Zimmermann bis es Zeit war, während der letzten zehn Prozent seines Lebens das Reich Gottes allen Menschen vollzeitlich nahe zu bringen.

Es gibt viele Beispiele biblischer Helden, die uns vorleben, wie sie ihre Geschäfte am Arbeitsplatz führten und dabei den Glauben integrierten. Das eine gemeinsame Element in all den Geschichten ist, dass ihr Glaubensweg und ihr Berufsweg ein und dasselbe und Glaube und Arbeit voneinander abhängig waren. Es gab keine Abgrenzung zwischen Arbeit und Spiritualität, weil sie ihren Glauben vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche auslebten (24/7).

Josefs Glauben stärkte ihn nicht nur durch vier verschiedene Karrieren hindurch (Familienbetrieb, Haushalts-Management, Gefängnisverwaltung, öffentlicher Dienst), sondern war auch in allen seinen Positionen ein Schlüsselelement seines Aufstiegs an die Spitze. Paulus gebrauchte seine Fähigkeiten als Zeltmacher nicht nur, um damit seine missionarischen Unternehmungen zu finanzieren, sondern auch dazu, eine Zuhörerschaft zu erreichen, die nicht die Möglichkeit hatte, an öffentlichen Diskussionen über Glaubensfragen teilzunehmen. Daniel stieg zum höchsten Rang auf, weil er Weisheit von Gott hatte und wegen seines unerschütterlichen Vertrauens auf Gottes Prinzipien – ungeachtet dessen, dass er sein Leben riskierte. Alle Aspekte ihrer Arbeit waren Gaben hervorragender Leistungen, die sie Gott darbrachten.

2. Unsere heutige Situation

Die biblischen Beispiele waren bei der Gründung vieler Organisationen eine Inspiration, die auf unterschiedliche Arten Gemeinschaften rund um die Welt erreichten. Paulus’ Fähigkeiten, Zelte zu machen, inspirierten eine Generation von Zeltmachern, ihre beruflichen Fähigkeiten als Eingangspunkt zu Kulturen zu benutzen, in die normalerweise kein Zugang zu „formeller“ Missionsarbeit möglich gewesen wäre. Die „Business as Mission“ (BAM) –Bewegung (Geschäft als Mission) ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie Gott durch Menschen wirkt, die sich entschieden haben, das Evangelium durch ihre von Gott gegebenen Fähigkeiten auszuleben.

Überall auf der Welt haben Männer und Frauen des Glaubens die Gemeinde auf unterschiedliche kreative Weise an ihre Arbeitsorte gebracht. Heute treffen sich Menschen zum Bibelstudium in kleinen Firmen wie auch in großen Unternehmen. Diese Studien sind nicht nur eine Ermutigung für diejenigen, die dabei mitmachen, sondern erinnern auch daran, dass es eine 24/7-Verantwortung gibt, den Glauben auszuleben, der weit über die lokalen Gemeindeversammlungen hinausreicht. Viele dieser Bibelstudien waren Türöffner für suchende Mitarbeiter, Gott zu finden, indem sie dadurch die Bedeutung des Glaubens im Alltag entdeckten.

Beruflich gegründete christliche Gemeinschaften oder Gesellschaften bringen Menschen innerhalb derselben Fachrichtungen zusammen und sind eine gegenseitige Quelle der Ermutigung. Sie erkunden, wie sie ihre beruflichen Fähigkeiten erfolgreich dazu nutzen können, hier auf Erden Gottes Reich zu bauen.

Doch das Leben im Glauben und das Leben im Berufsalltag ist nicht immer parallel ausgerichtet. Wir leben in einem säkularen vs. heiligen Denkmuster, welches die Gemeinde davon absondert, was am Arbeitsplatz geschieht. In diesem Denkmuster wird der Glaube in erster Linie innerhalb des Gemeindegebäudes ausgedrückt sowie bei Anlässen, die von der Gemeinde organisiert oder gutgeheißen werden. Dieser Glaube reicht nicht unbedingt in die Arbeitsumgebung hinein, wo sich die Menschen vierzig Stunden in der Woche neben Menschen aufhalten, in deren Welt das Evangelium unbekannt ist.

In der Arbeitswelt gibt es viele „Arbeiter”, die nicht ihr ganzes Potential einsetzen, die  Gute Nachricht zu verbreiten. Den Glauben leben bedeutet mehr als nur ein gutes Vorbild bei der Arbeit zu sein. Der Auftrag, Menschen zu Jüngern zu machen, verlangt von uns, den Glauben so zu leben, dass wir bewusst andere dazu einladen, sich uns auf unserem Glaubensweg anzuschließen. Das Abkoppeln von Theologie und Praxis hinterließ viele Menschen mit einer „unvollständigen“ Berufung. Wir arbeiten, weil Gott es vorgesehen und angeordnet hat, dass wir Seinem ursprünglichen Auftrag gehorsam sein sollen, und weil Er möchte, dass wir die Gute Nachricht weitergeben.

3. Ernsthafte Fragen

Was ist geschehen, dass es uns nicht gelingt, die Milliarden von Menschen zu erreichen, die neben denen arbeiten, die eine persönliche und lebendige Beziehung zu Gott haben? Innerhalb der zunehmenden multiethnischen Arbeitssituation in der westlichen Welt bedeutet das Vordringen in die Arbeitsumgebung eine einmalige Gelegenheit, das Leben von Menschen in allen Ländern der Welt zu erreichen.

In der Gemeinde hören wir, dass wir in die ganze Welt gehen sollen; doch die Gemeinde zeigte sich kraftlos, die Gläubigen mit gutem Werkzeug auszurüsten und mit dem  richtigen Verständnis dafür, wie Gott die Arbeitswelt sieht. Wie wir unsere Arbeit anschauen beeinflusst, wie wir uns dort benehmen. Sehen wir die Arbeit an als ein notwendiges Übel oder als eine großartige Gelegenheit? Wenn es ein notwendiges Übel ist, dann wird alles, was mit der Arbeit zu tun, weniger als heilig sein.

Unser Verhalten und unsere Werte werden durch unseren Glauben und durch die Lehre geformt, die wir in der Gemeinde hören. Doch leider ist in einer zunehmend pluralistischen Gesellschaft „nett sein“ nicht genug. Kennen wir die Herzen unserer Arbeitskolleginnen und –kollegen? Sehen wir sie so, wie Jesus sie sieht? Ist unsere Leidenschaft, die wir in der Gemeinde zeigen, groß genug, dass wir uns auch am Arbeitsplatz verantwortlich fühlen, dass wir andere einladen, uns auf unserem Glaubensweg zu folgen? Die Hingabe, die wir bei den Versammlungen in unseren Gemeinden zeigen, reicht sie aus für eine praktizierende Liebe gegenüber unseren Kolleginnen, Kollegen und Kunden, wenn wir auf uns allein gestellt sind? Die strategische Bedeutung des Arbeitsplatzes entsteht hauptsächlich daraus, dass wir immer von Kollegen, Konkurrenten, Kunden und Klienten umgeben sind. Die meisten von uns führen Tag für Tag Gespräche mit Ungläubigen.

Lehre, Training und Werkzeug sind notwendig, um die Ernte einzubringen, die auf uns wartet – aber sie sind nicht genug. Unser Verständnis und unsere Herzen müssen erweitert werden, um die „Säkularen“ als etwas zu sehen, das Gott heilig machen möchte. Jeder von uns hat die Verantwortung, dies zu tun – nicht durch eigene Kraft, sondern durch die Kraft des Heiligen Geistes. Allein können wir das nicht tun, aber in Partnerschaft mit Gott. Ein gesundes Verständnis dafür, wie wir zusammen mit Gott am Arbeitsplatz etwas bewirken können, wird uns einen großen Schritt voranbringen, die Gemeinde in den Arbeitsplatz zu integrieren.

4. Wo wollen wir sein?

In einem heiligen Arbeitsumfeld findet man ein lebendiges und einschlägiges Bekunden des Glaubens, befähigt durch eine Bewegung des Heiligen Geistes und unterstützt durch dynamische, stärkende und belebende Gebete der lokalen Gemeinde. Der Arbeitsort ist eines der wenigen Umfelder, in denen Gläubige vierzig Stunden in der Woche Zugang zu Zuhörern haben. Er ist geradezu ideal, um das Evangelium einzubetten und ein Leben vorzuleben, das Gnade und Wahrheit reflektiert. Es gibt sehr wenige evangelistische Gegebenheiten, wo dies möglich ist.

Überdenken, wie die Gemeinde neu gestaltet werden könnte, wurde zu einem Schlagwort, doch die meisten Bemühungen bezogen sich auf Verbesserungen und bestimmte Verfeinerungen existierender Programme, ohne jedoch die grundsätzlichen Fragen anzugehen, die eine Öffnung schaffen würden, damit Gottes Absichten sich auf kraftvolle Weise verwirklichen können. Von Gemeinden, die bereitwillig überdachten, wie sie die Gute Nachricht ausleben können, hört man unglaubliche Geschichten, wie Gott sich bewegt hat.

Würden wir dieses Überdenken darauf ausrichten, wie man Menschen ausrüsten kann, ihren Glauben am Arbeitsplatz zu leben und bekannt zu machen, würde uns das helfen, bei der Arbeit nicht nur anwesend zu sein, sondern auch, unseren Glauben offen zu zeigen. Wären Arbeitende gut ausgerüstet mit einer ganzheitlich ausgerichteten Sicht Gottes auf die Arbeitswelt, wären sie hochmotiviert, die Ernte einzufahren. Die Welt wird sich nur dann voll einbringen, wenn sich die Arbeiter am Arbeitsplatz voll einbringen.

Damit sich die Arbeiter an ihrem Arbeitsort voll engagieren, verlangt jedoch eine Veränderung in der vorherrschenden Denkweise der Gemeinde: Sie muss Menschen am Arbeitsplatz als vollzeitlich Dienende für Christus akzeptieren. Der Unterschied und die innewohnende Voreingenommenheit zwischen voll bezahlten christlich Dienenden und dem Laienstand muss verschwinden, speziell was die Auffassung betrifft, man sei in den Dienst berufen.

Das größte Wachstumspotential der Gemeinde in der nächsten Generation geht von den Menschen aus, die nach sinnvollen Beziehungen am Arbeitsplatz suchen. Unsere Arbeiter befinden sich auf Feldern, die reif sind für die Ernte, aber sie haben noch nicht gelernt, wie sie sich erfolgversprechend einbringen können.

5. Wie kommen wir dorthin?

Leider gibt es kein allgemein gültiges Rezept, wie wir dorthin kommen, wo wir idealerweise sein wollen. Aber es gibt einige entscheidende Schritte, wie wir dem näher kommen, was Gott für uns vorgesehen hat. Viele Jahre lang befanden sich die Gemeinde und die Säkularen in separaten Sphären. Jede hat ihre eigene vorherrschende Kultur , was den Arbeitsplatz von der Gemeinde trennt.

Menschen reagieren erst dann, wenn sie dazu veranlasst werden. In der Gemeinde hören wir die Gute Nachricht, und dass Gott der Welt Hoffnung bringen möchte, doch am Montag Morgen, in der Arbeitswelt, erhalten die Kolleginnen und Kollegen keine Einladung von uns, Gottes Gnade, Seine Vergebung und Hoffnung  zu entdecken. Es existiert ein Mangel an Leidenschaft für das geistliche Wohlergehen unserer Mitarbeiter. Wenn dies Woche für Woche so abläuft, wird die Abtrennung der Gemeinde vom Arbeitsplatz zur Normalität. Der Riss zwischen Theologie und Praxis vergrößert sich und kreiert eine Weltanschauung, in der die Gemeinde zunehmend bedeutungsloser für den Arbeitsplatz wird und der Arbeitsplatz bedeutungsloser für die Gemeinde.

Die Sonntags- und Werktags-Dynamik sind in der heutigen Zeit Welten voneinander entfernt, obwohl sie das nicht sein sollten. Die Anschauungen der Arbeitenden und der Pastoren können oftmals kaum unterschiedlicher sein. Viele Pastoren verbrachten den Hauptteil ihrer Karriere im Dienst und haben wenig Verständnis für die Dynamik der Arbeitswelt. Und die Arbeitenden haben nicht versucht, den Pastoren zu übermitteln, wie ihre Woche am Arbeitsplatz aussieht. Das Ergebnis ist, dass alle in ihrer eigenen Welt bleiben und sich nur bei Gemeindeanlässen treffen. Die Arbeitenden sind dafür verantwortlich, den Pastoren ihren Arbeitsort vorzustellen und Pastoren müssen Eigeninitiative zeigen, das Herz und den Kontext der Arbeitskultur ihrer Gemeindeglieder zu verstehen. Im Evangelium geht es nicht nur um Theologie, sondern auch darum, einander lebendige Beispiele aufzuzeigen, was funktioniert und was nicht.

Teile der Lösung können Bibelstudien am Arbeitsplatz, Morgengebete mit anderen Gläubigen und Diskussionen auf dem Korridor sein. Hilfreich für den Anfang sind auch Konferenzen die Arbeitswelt betreffend sowie Bücher und Studien über Arbeit. Das Problem ist jedoch, dass viele Leute ihren Dienst nicht in ihre Arbeit integrieren. Es gibt nur wenige leuchtende Beispiele christlicher Arbeiter, die in der Lage sind, ihren ausdrucksstarken Glauben vom Sonntag nahtlos in die Arbeit unter der Woche einzubringen. Viele Menschen teilen ihren Glauben in verschiedene Fächer ein. Nur wenige Gläubige zeigen am Arbeitsort soviel Engagement, dass man sonntags Resultate sehen kann und sie gefeiert werden können.

Der Gemeinde muss am Arbeitsplatz Leben eingehaucht werden, indem der Arbeitsplatz heilig gemacht wird. Der Arbeitsort soll als ein wesentlicher und wichtiger Teil des Missionsfeldes vor unserer Haustür gesehen werden. Es braucht zwei Dinge, damit die Teilung Gemeinde vs. Arbeit erfolgreich überbrückt werden kann: Die Rolle der Gemeinde in Bezug auf die Unterstützung der „Botschafter“ am Arbeitsplatz muss weltweit neu überdacht werden und ebenfalls muss neu überdacht werden, wie die „Botschafter“ motiviert werden können. Ohne gründliches Überlegen und konkretes Handeln wird sich das Verhaltensmuster, dass die Arbeiter wenig unternehmen um die reife Ernte einzubringen, endlos fortsetzen

Die „Business as Mission“ (BAM) –Bewegung hat gezeigt, dass wir viel vorsätzlicher handeln müssen, wenn es um den Durchbruch in die Arbeitswelt geht. Beim erfolgreichen Ausrüsten der Tätigen muss der Fokus auf den praktischen Aspekt gelegt werden und Teil der Gemeindekultur werden. Eine gemeinsame Charakteristik der Mitarbeiter von BAM ist, dass sie ihre Mission leidenschaftlich angehen und willig sind, alles zu riskieren, um ihr Ziel zu erreichen.

Arbeit muss als eine Gelegenheit für Mission gesehen werden, als einen Ort, in den wir Gottes Geschenk der Liebe zu Menschen bringen können, mit denen wir normalerweise keinen Kontakt hätten. In der Gemeinde muss mehr stattfinden als nur Anbetung und Lehre, um das gegenwärtige säkulare Paradigma des „arbeiten um zu leben“ umzuformen in „Gottes Leben in die Arbeit einbringen“.

6. Was Müssen Wir Jetzt Tun? 

Wir brauchen keine großartigen Pläne und Strategien – wir müssen einfach anfangen. Aber um anzufangen, müssen wir einfache Modelle entwickeln, die funktionieren und auf bestehende Erfahrungen aufbauen. Eine gewisse Anzahl guter, motivierender Bücher, Studien und Beispiele liegen bereits vor – und auch genügend Schuldgefühle, weil wir nicht genug tun – um einen guten Start hinzulegen. Was wir nicht haben, ist eine genügende Anzahl von Arbeitern, um ein Momentum zu kreieren und aufzubauen, damit ein nachhaltiger Prozess gewährleistet werden kann.

Das Überbrücken der bestehenden Teilung zwischen säkular und heilig fängt damit an, dass die Gemeinde an den Arbeitsort gebracht wird. An der Entwicklung der Strategien sollte sich auch der Laienstand maßgeblich beteiligen, wie dies bei Kapstadt 2010 geschieht. Obwohl Pastoren mit dem Laienstand in kirchlichen Dingen zusammenarbeiten, geht es dabei in erster Linie um Gemeindeanliegen und nicht um die Mission am Arbeitsplatz. Viele Pastoren haben auch nicht das Wissen und die Erfahrung, um sich in praktischen, missionsbasierten Diskursen betreffend die Arbeitswelt zu engagieren. Der Schlüssel ist die Ausbildung des Laienstands, wie sie Fragen des Arbeitsplatzes in die Tagesordnung der Gemeindemission einbringen können. Parallel dazu müssen den Pastoren die Missionsmöglichkeiten am Arbeitsplatz aufgezeigt werden. Alles, was wir tun, ist ein Geschenk für Gott, ob es predigen, lehren, entwerfen, kochen, putzen, eine Tabellenkalkulation erstellen oder eine Maschine bedienen ist. Und alles, was wir tun, sollte so gut sein, dass es wert ist, von Gott akzeptiert zu werden.

Das beste Training und die besten Werkzeuge setzen Staub an, wenn keine neue Leidenschaft vorhanden ist, die nur durch Gebet und den Geistes Gottes entstehen kann. Wenn die relevanten Themen angegangen werden, kann die Kanzel ein wirkungsvolles Instrument sein. Doch wird die Trennung zwischen säkular und heilig nur noch größer, wenn alte Klischees wiederholt werden, ohne Verständnis für die Arbeitsdynamik.

Jetzt ist es an der Zeit, die alten Paradigmen beiseite zu legen und anzufangen, den Arbeitsplatz in einen heiligen Ort zu verwandeln, an dem Gott eingeladen wird, sich im Leben jedes Einzelnen zu zeigen. Es ist großartig, damit anzufangen, doch ohne Nachhaltigkeit wird das Ganze zu einer „Eintagsfliege“ und keine echte Wirklichkeit. Wir müssen Gott um leidenschaftliche Vorkämpfer bitten, die diesen Prozess vorwärtsbringen. Diese Vorkämpfer müssen mit Menschen aus allen Berufen und den unterschiedlichsten Talenten arbeiten, um eine Praxis-Gemeinschaft aufzubauen, die das Ganze vorlebt und das Momentum in Schwung hält.

Hilfsmittel wie das Internet und Skype ermöglichen den Erfahrungsaustausch mit virtuellen Gemeinschaften und können einen großen Beitrag leisten. Durch die Technologie können wir nicht nur miteinander teilen, was Gott tut, sondern es auch in Echtzeit miterleben. Wir müssen die Sache ins Rollen bringen, die uns Dinge erreichen lässt, die wir für unmöglich halten.

7. Wie Sieht Ein Heiliges Arbeitsumfeld Aus? – Josef-Modell

Diskussionen über was ist und was sein sollte, schärfen das Bewusstsein und motivieren Menschen zum Handeln. Aber wenn wir nicht wissen, in welche Richtung wir gehen, wachsen wir bestenfalls im Dunkeln. Wir alle erwarten, dass unsere Anstrengungen Menschen dazu bringen, ein Leben im Glauben zu führen und eine wachsende Beziehung zu Gott zu haben. Doch normalerweise kommen wir nicht über Nacht von  dem Punkt, wo wir heute stehen zu dem Punkt, wo wir hin wollen. Wir haben weder eine magische Formel noch ein Handbuch, das perfekte Resultate garantiert, doch wir haben eine Anzahl von Beispielen von dem, was möglich ist. Gott hat mich mit einem heiligen Arbeitsort gesegnet, an dem ich Ihm diene als Consulting Engineer. Ich nenne es das ‚Josef-Modell’, zu Ehren von Josef, der jeden seiner Arbeitsplätze trotz widriger Umstände transformierte.

Der Weg zum Glauben ist eine Reise, die ihr kritisches Stadium erreicht, wenn aus der Suche eine Verpflichtung und permanente Veränderung wird, durch den täglichen Wandel mit Gott in einer Umgebung, die für Gott zurückgefordert wurde. Doch während wir diesen Samen säen, gibt es viele Einwirkungen außerhalb unserer Kontrolle, die das Wachstum verhindern wollen. Nachdem ich jahrelang versucht hatte, meine Arbeitskollegen auf meinen Glaubensweg einzuladen, realisierte ich, dass Worte und persönliche Beispiele ohne ein vorbereitendes Umfeld nicht genug waren. Um einige der Hindernisse zu überwinden, die sich auf dem Weg zur Hingabe-Phase in den Weg stellten, fing ich den „Jüngerschaftsprozess“ sofort an, sobald jemand in meinen Einflussbereich kam. Ich habe zwar das Privileg, der Direktor der Firma zu sein, für die ich arbeite, doch trage ich die Verantwortung und muss alles, was in meiner Kraft steht, tun, damit das Arbeitsklima dazu beiträgt, herausragende Produkte herzustellen und die Mitarbeiter ihr höchstes Potential erreichen.

Ich führe eine fachlich hochqualifizierte Gruppe von Ingenieuren mit aktuellen Projekten in über 20 Ländern. Die wichtigsten Leistungen, die wir erbringen, sind hochqualifizierte Beratungen und Gutachten für Regierungen, internationale Leistungsträger und große Elektrizitätsunternehmen. Unser Arbeitsumfeld wird gestützt von den Werten Rechenschaftspflicht, Verantwortlichkeit, Spitzenleistungen, Teamwork, Diskussionen in einem Lernumfeld, Risikotragfähigkeit, Vergebung, Unterstützung und Feiern. Während alle diese Werte aus einer professionellen Perspektive gesehen höchst wünschenswert sind, sind sie doch auch wesentliche Voraussetzungen, wenn es darum geht, Menschen auf den richtigen Weg des Glaubens zu helfen, lange bevor sie ihr Leben dem Herrn übergeben. Diese Werte haben uns nicht nur dazu gebracht, hohe professionelle Leistungen zu erbringen, sondern sie sind auch ein wesentlicher Teil der „Jüngerschaftsschulung“.

Rechenschaftspflicht erinnert daran, dass wir in allen Bereichen des Leben einer höheren Autorität gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Verantwortlichkeit bekräftigt das Prinzip, unsere Auflagen und Verpflichtungen auch in schwierigen Situationen einzuhalten. Der Wert hoher Leistungen motiviert Menschen, es besser zu machen, als sie es früher gemacht haben und als andere es tun. Ein Lernumfeld stimuliert Diskussionen und fördert weiteres Nachforschen, um mehr über das Leben herauszufinden. Die Mitarbeiter zum Eingehen von Risiken zu ermutigen hilft ihnen, ihre Alltagsroutine zu verlassen und in ein neues Territorium einzutreten, während ihnen Vergebung angeboten wird, wenn sie Fehler machen und wenn die Risiken nicht so erfolgreich waren, als ursprünglich angenommen. Unterstützung veranlasst Menschen, im Vertrauen die nächste Stufe ihres Verständnisses und ihrer Kenntnisse zu erklimmen, wobei der Erfolg danach auch gefeiert wird. Wenn diese Werte gefördert werden, gibt es keine Trennung zwischen säkular und heilig.

Dies ist ein heiliges Umfeld, denn alle oben erwähnten Werte sind wichtig, wenn man den Weg des Glaubens geht. Ein solches Umfeld ist nicht nur ein Umfeld für professionell hervorragende Leistungen, sondern auch um Mitarbeiter zu Jüngern zu machen, lange bevor sie eine Glaubensverpflichtung eingegangen sind. Jeder dieser Werte beleuchtet einen Aspekt des Glaubens und wird täglich am Arbeitsplatz praktiziert. Dies gibt den Mitarbeitern einen Vorgeschmack darauf, was es bedeutet, im Glauben zu wandeln, und darum geht es in der Guten Nachricht. Wenn sie dann Jesus annehmen und die Brücke zu einem neuen Lebensstil überqueren, dann ist alles schon ziemlich familiär, denn vor ihrer Bekehrung gingen sie bereits durch ein intensives „Jüngerschaftstraining“, und das wird ihnen helfen, rasch in ihrer Beziehung zu Gott zu wachsen.

Dies ist das heilige Umfeld, in dem ich mich an meinen Arbeitsort befinde. Für Menschen, die nicht in einer Management-Position tätig sind, ist ihr „heiliger Grund“ vielleicht auf ihren Arbeitsplatz, Schreibtisch oder ihre Werkbank limitiert. Für einige ist ihr heiliger Arbeitsplatz vielleicht das wöchentliche Bibelstudium über Mittag. Für andere wiederum könnten es die Kaffee- und/oder Mittagspausen sein, in denen man über Dinge des Lebens diskutiert (kein Monolog!). Letztlich ist es die Gegenwart Gottes, was die Säkularen zu Heilligen umformt – und wenn Gott anwesend ist, treten Veränderungen ein. Wir sind berufen, Veränderungsagenten zu sein. Wenn Josef das tun konnte, als er ein Sklave und Gefangener war, gibt es keinen Grund, warum wir nicht Dinge verändern können, die innerhalb unseres Einflussbereiches sind.

8. Der Fahrplan Für Die Zukunft

In der Zukunft gibt es viele Möglichkeiten, die Milliarden zu erreichen, die aktiv ihren Lebensunterhalt am Arbeitsplatz verdienen. Wohin uns unser Weg führen wird, ist davon abhängig, wie wir die Trennung säkular vs. heilig überwinden.  Kapstadt 2010 ermöglicht, das der Laienstand in direkten Kontakt kommt mit den Leitern der Gemeinde. Wir können ein Programm vorschreiben, was wir aber mehr benötigen als ein Programm, ist eine erweiterte Vision mit erfolgreicher Leitern. Und das wird nur durch Gebet möglich sein.

Jede Bewegung braucht Leiter. Es braucht genauso sehr Leiter in der Arbeitswelt wie in Missionsorganisationen und Gemeinden. Viele arbeitende Menschen sind Leiter und viele sind es nicht. Auf die Wenigen, die Dinge aussprechen und darüber schreiben, wird man aufmerksam, besonders wenn sie CEOs oder irgendwelche Koryphäen sind. Wir müssen Männer und Frauen aus dem Laienstand schulen, ausrüsten und „unter Strom setzen“, damit sie das Evangelium in jeder Ecke der Arbeitswelt verbreiten. Wie schulen wir Menschen, damit sie ein „Katalysator“ in ihrem Umfeld werden – und auch andere mobilisieren? Viele Gläubige wollen an ihrem Arbeitsplatz aufrichtig andere erreichen und Einfluss nehmen. Doch wie in vielen anderen Dingen müssen sie auch hierbei angeleitet werden. Das Wort „Leiterschaft“ löst bei Menschen mehrheitlich Gedanken im Zusammenhang mit der säkularen Welt oder Organisationsprojekten in der Gemeinde aus. Menschen lesen die vielen Bücher über Management und Leiterschaft, damit sie in ihren Arbeitspositionen und im „Dienst“ bessere Leiter werden. Doch was benötigt es auf dem Gebiet des Arbeitsumfelds, um das Evangelium bekannt zu machen? Bestimmt braucht es mehr, als nur ein Bibelstudium über Mittag oder einen speziellen Redner. Wie sieht dieser Leiter aus am Fliessband oder als Direktor einer Firma? Was benötigt er, um seine Glaubens- und Leiterschaftsfähigkeiten am Arbeitsplatz zu entwickeln und das nicht nur, um ein bessere Manager in seinem Job zu sein?

Möge Gott an Kapstadt 2010 unsere Augen öffnen und die Hindernisse niederreißen, die wir aufgestellt haben, damit wir alle die Arbeitswelt auf eine wunderbare Glaubensreise vorbereiten können.

© The Lausanne Movement 2010

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